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ORCHESTER MIT TRADITION

Mit mehr als 100 Konzerten und jährlich über 90.000 Zuhörern in Zeiten vor der Pandemie ist das ­Göttinger Symphonieorchester, seit 2018 unter der Leitung seines Chef­dirigenten Nicholas Milton, ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens der niedersächsischen Universitätsstadt, ein „Juwel der Stadt Göttingen, wie es vielfach bezeichnet wird. Es hat sich mit seiner 160-jährigen Tradition und seinem außergewöhnlich hohen Leistungsstandard einen hervorragenden Ruf für seine musikalische Exzellenz erworben, nicht nur in Göttingen, sondern auch überregional.

Das Repertoire des Orchesters, besetzt mit rund 60 Musikerinnen und Musikern aus 24 Ländern, ist weit gefächert. Es reicht vom Barock über das klassisch-romantische Kernrepertoire bis zur Musik der Gegenwart. Das Orchester hat Mahler-Zyklen und groß besetzte Werke von Richard Strauss sowie weithin beachtete Erst- und Uraufführungen geboten, zeigt bemerkenswerte Virtuosität auch in der historisch informierten Aufführungspraxis und bietet darüber hinaus Crossover-Programme mit Pop-, Rock- und Filmmusik. Ähnlich breit aufgestellt sind die Zielgruppen, für die das Orchester musiziert. Das sind neben dem traditionellen Konzertpublikum Kinder und Jugendliche, Familien sowie Senioren. Die jüngsten Zuhörer sind im Kinder-Club „Pizzi & Cato“ organisiert.

 

Kooperationspartner des Orchesters in Göttingen sind Musik- und Ballettschulen, Kantoreien, das Jugendsinfonieorchester und beim traditionellen Event „Sport meets Music“ auch Sportvereine. Musikalische Akzente im Jahreslauf setzt es mit regelmäßigen Silvester- und Neujahrskonzerten, mit einem Frühlingskonzert zu Ehren des aus der Region stammenden spätbarocken Komponisten Johann Joachim Quantz und mit einem sommerlichen Open-Air-Konzert bei der alljährlich gefeierten „Nacht der Kultur“.

 

Als das „Reiseorchester Niedersachsens“ gehört das Göttinger Symphonieorchester zu den angesehensten Klangkörpern in Nord- und Mitteldeutschland. Es war zu Gast auf Festivals wie den Internationalen Händelfestspielen in Göttingen, dem Choriner Musiksommer, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker, den Niedersächsischen Musiktagen, den Domkonzerten Königslutter, den Walkenrieder Kreuzgangkonzerten und arbeitet eng mit den Weilburger Schlosskonzerten zusammen. Längst ist das Orchester auch international gefragt, etwa im Concertgebouw Amsterdam, beim Murten Classic Festival in der Schweiz, in Göttingens polnischer Partnerstadt Thorn und bei bislang zwei China-Tourneen.

 

Das Göttinger Symphonieorchester ist in seiner 160-jährigen Geschichte mit herausragenden Gastdirigenten sowie mit bedeutenden Solistinnen und Solisten aufgetreten. Aus der frühen Zeit seien die Pultgäste Richard Strauss, Ferruccio Busoni, Max Reger, die Brüder Eugen und Georg Ludwig Jochum und Sir Georg Solti genannt, später Günther Weißenborn, Othmar M. F. Maga, Volker Schmidt-Gertenbach und Christian Simonis. Solisten wie der Bariton Dietrich Fischer-Dieskau, die Pianisten Elly Ney, Wilhelm Kempff, Wilhelm Backhaus, Nikita Magaloff, Martha Argerich, Rudolf Buchbinder, Gerhard Oppitz, Alexander Krichel und der für den Grammy nominierte Joseph Moog haben mit dem Orchester zusammengearbeitet, dazu die Geiger Gidon ­Kremer, Antje Weithaas und Emanuel Tjeknavorian, die Cellisten Heinrich Schiff, Daniel Müller-Schott, Sol Gabetta, Wolfgang Emanuel Schmidt und Raphaela Gromes, in der Spielzeit 2021/22 Artist in Residence, um nur einige zu nennen. Der Geiger Frank-Peter Zimmermann, seit 2001 Ehrenmitglied des Orchesters, hat die ersten Schritte seiner Karriere bereits als Zwölfjähriger in enger Zusammenarbeit mit dem Orchester gemacht.

 

Seit längerer Zeit ist das Orchester auch auf dem Tonträgermarkt vertreten, unter anderem bei den Labels Sony Classic und Capriccio. 2021 entstand unter Nicholas Milton eine Gesamtaufnahme der Symphonien von Johannes Brahms. Unter Miltons Amtsvorgänger Christoph-Mathias Mueller, der das Orchester von 2005 bis 2018 leitete, sind CD-Aufnahmen von Claude Debussys Bühnenwerken „Le Diable dans le Beffroi“ und „La Chute de la Maison Usher“ (2013) sowie die mit dem ECHO Klassik ausgezeichneten CDs mit dem Trompeter Reinhold Friedrich (2012) und der Oboistin Maria Sournatcheva (2017) produziert worden.

 

Die Geschichte des Orchesters beginnt am 16. Januar 1862 mit einem Antrag von Göttinger Bürgern an den Magistrat der Stadt, einen tüchtigen Stadtmusikus anzustellen. Die daraufhin gegründete Stadtkapelle unter August Ferdinand Schmacht sollte die Anforderungen erfüllen, „welche z. B. eine Beethovensche Symphonie an sie stellt.“ Dieses Orchester wurde 1924 als Theaterorchester dem Göttinger Stadttheater angegliedert und spielte fortan vor allem in Opern- und Operettenaufführungen. Die Lage des Orchesters änderte sich dramatisch, als 1950 Heinz Hilpert als neuer Theaterintendant nach Göttingen verpflichtet wurde, der – nicht zuletzt aus finanzieller Not – das frühere Dreispartenhaus in ein reines Sprechtheater umwandelte und 1951 das Theaterorchester auflöste. Doch damit wollten sich die Musiker nicht abfinden. Sie organisierten sich neu in Form eines eingetragenen Vereins und fungierten von da an unter dem Namen Göttinger Symphonie-Orchester als Konzertorchester. Sie verbesserten die Bilanz des damals äußerst mager bezuschussten Klangkörpers, dessen Existenz mehrfach von politischer Seite infrage gestellt wurde, 28 Jahre lang von 1951 bis 1979 Sommer für Sommer als Kurorchester auf der Nordseeinsel Norderney.

 

Mit der 1964 eröffneten Göttinger Stadthalle hatte das Orchester eine feste Spielstätte. Weitere Auftrittsorte in Göttingen sind heute die Aula der Universität, das Deutsche Theater, das Alte Rathaus, Kirchen, die Sparkassen-Arena und bei den Open-Air-Konzerten in der „Nacht der Kultur“ der Platz vor dem Alten Rathaus, dazu Burgen und Schlösser der Region. 2019 wurde eine Sanierung der Stadthalle notwendig, die noch nicht abgeschlossen ist. Voraussichtlich kann das Orchester, so die jüngste Schätzung, im Herbst 2023 wieder in die Halle zurückkehren.

 

In der Zwischenzeit ist es vor allem in der Lokhalle aufgetreten. Dank der Größe der Halle konnte das Orchester auch während der Coronazeit stets in voller Besetzung arbeiten und war damit eines der aktivsten Orchester in Deutschland. Trotz der erschwerten Bedingungen hat es seine Präsenz beim Publikum erhalten können: mit Live-Konzerten in der Lokhalle, soweit die Gesundheitsregeln den Auftritt vor Publikum zuließen, sowie mit vielbeachteten Konzerten ohne Publikum, die als Filme im Internet sowie als Rundfunkmitschnitte des NDR verbreitet wurden.

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