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Cellistin Raphaela Gromes: erster Auftritt als Artist in Residence 2021/2022

Zwischen zahlreichen Reisen in nahe bis ferne deutsche Städte macht das Göttinger Symphonieorchester Mitte Oktober im heimatlichen Deutschen Theater Station: In der »Sonntagsmatinee 2« am 17. Oktober 2021 um 11 Uhr unter der Leitung von Chefdirigent Nicholas Milton stehen Natur-Idyllen und Barock-Hommagen von Ottorino Respighi, Peter I. Tschaikowsky und dem Jubilar des vergangenen Jahres, Ludwig van Beethoven, auf dem Programm. Als Solistin ist Raphaela Gromes (Violoncello) zu erleben: Sie erfuhr für ihre Konzerte und CD-Einspielungen von Publikum und Fachwelt bereits höchste Anerkennung und ist in dieser Saison Artist in Residence beim Göttinger Symphonieorchester; dies ist ihr erstes Konzert in neuer Rolle. Tickets sind auf der Homepage des GSO unter www.gso-online.de sowie an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich.


Ornithologen aufgepasst: Ottorino Respighi bringt uns in seiner fünfteiligen Suite »Gli Uccelli« zahlreiche Vögel zu Gehör. Wer bei dem Komponistennamen denkt, diese würden stilistisch im Rom des 20. Jahrhunderts herumschwirren, irrt. Respighi nutzt barocke Vorlagen für seinen flatternden Zoo und wählt eine eher altmodische Instrumentierung mit gedämpften Trompeten, Celesta und Klarinetten. So verarbeitet er im »Preludio« zwei Themen von Barnardo Pasquini, bevor sich die sehr gemächlich schreitende und gurrende Taube einer Melodie von Jacques de Gallot bedient. »Die Henne« ist eines der bekanntesten Stücke des Spätbarock-Komponisten Jean-Philippe Rameau; hier macht Respighi daraus ein flottes Stakkato, in das die Henne (und sogar hin und wieder der Trompeten-Hahn) kleine Signale einwirft. Am romantischsten gelingt natürlich die von der Flöte im übersichtlichen 4/4-Takt intonierte Legato-Nachtigall. Unverkennbar ruft schließlich der Kuckuck, unterbrochen nur von einem bereits aus dem ersten Satz bekannten Thema. So schließt sich der Kreis. Und der Schnabel.

Der Titel von Peter I. Tschaikowskys 1877 uraufgeführten Variationen über ein Rokoko-Thema für Violoncello und Orchester ist irreführend. Bei Rokoko denkt man an höfische, verschnörkelte Opulenz und Puderperücken. Doch der russische Komponist hatte in erster Linie sein großes Vorbild Mozart im Ohr, das »sonnige Genie«, das ihn »zu Tränen« rühre. Das Thema dieser Variationenreihe entstammt zwar nicht der Feder des Salzburgers, könnte in seiner schlichten Ausdruckskraft aber von ihm geschrieben worden sein. In den Variationen geht es dann freilich auch virtuoser zur Sache, allerdings verlässt Tschaikowsky kaum den Klangcharakter des 18. Jahrhundert, welcher ihm offenbar als geistiger Sehnsuchtsort diente. Bekanntlich zählten die 1870er-Jahre nicht zu den angenehmsten in seinem Leben. Die Musikkritik ging nicht immer sanft mit ihm ins Gericht, im Gegenteil, und seine kaum aus freien Stücken geschlossene Ehe hielt nur drei Monate. Dennoch ist diese Musik heiter, geradezu unbeschwert naturidyllisch. Nach einer Orchestereinleitung präsentiert das Cello das Thema; Orchester (vor allem die solistischen Holzbläser) und Cello spielen sich in den folgenden sieben Variationen die Bälle zu. Diese verlassen durchaus den von Tschaikowsky reanimierten Mozart-Stil, mitunter bricht romantische Schwermut durch, und der Solist darf genüsslich virtuos aufspielen. Doch der Grundcharakter bleibt stets heiter, beschwingt, spielfreudig.

Zurück zur Natur. Ludwig van Beethovens »Pastorale« ist so ein Fall, der Fragen aufwirft: Wie steht hier die Musik zur Natur? Diese sechste Sinfonie gilt als Klangdenkmal für das Landleben und die Natur. Stimmt, wir hören in der »Szene am Bach« eine wellenartige Legatobewegung sowie die Nachtigall in der Flöte, die Wachtel in der Oboe und den Kuckuck in der Klarinette; das »Lustige Zusammensein der Landleute« ist eine Art Bauerntanz; und »Gewitter, Sturm« imitiert gekonnt Donner, Blitz und Regen durch Paukenwirbel, chromatische Läufe und abwärts-stürzende Tremolo-Kaskaden. Doch Beethovens Ausspruch, dies sei »mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei« macht zugleich deutlich, dass das Werk nicht nur eine Vertonung des schönen Wiener Umlands ist. Man sollte sich von den konkreten Satzüberschriften nicht täuschen lassen: Kein kleiner Teil dieser Sinfonie ist nicht in erster Linie Programmmusik, sondern kann, wie es bei Beethoven ja meistens der Fall ist, als absolute Musik gelten – also als Komposition, die keiner außermusikalischen Bezüge bedarf. Anders gesagt: Beethoven nimmt die Natur als Inspiration, verarbeitet sie aber zu einer Kunstmusik, die zumindest die halbe Treppe im Elfenbeinturm erklimmt. Ist das schon Missbrauch der Natur durch den Menschen? Aber lassen wir das Philosophieren: Dies ist ganz einfach Musik, die zu Herzen geht wie kaum eine andere. Eine wahre Idylle aus Tönen.


Ottorino Respighi (1879-1936): »Gli Uccelli« (Die Vögel)

Peter I. Tschaikowsky (1840–1893): Variationen über ein Rokoko-Thema für Violoncello und Orchester A-Dur op. 33

Ludwig van Beethoven (1770-1827): Symphonie Nr. 6 F-Dur op. 68 – »Pastorale«


Göttinger Symphonieorchester

Solistin: Raphaela Gromes, Violoncello (Artist in Residence 2021/2022)

Dirigent: Nicholas Milton


Tickets erhalten Sie in allen bekannten Vorverkaufsstellen und auf www.gso.reservix.de

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