ST. JOHANNIS: KULTURKIRCHE KLASSIK 2
Carl Heinrich Carsten Reinecke (1824-1910) Serenade für Streichorchester g-Moll op. 242
Edvard Grieg (1843–1907) »Aus Holbergs Zeit« – Suite im alten Stil für Streichorchester op. 40
Bernd Eberhardt Dirigent
Göttinger Symphonieorchester
Heimspiel für Bernd Eberhardt: Beim Gastspiel des Göttinger Symphonieorchesters in der Rats- und Marktkirche St. Johannis ist der dortige Organist und Leiter der Göttinger Stadtkantorei sowie des Göttinger Kammerchores am Pult zu erleben. In dem Konzert »Kulturkirche Klassik 2« am 26. Februar 2022 um 19:45 Uhr stehen eine berückend schöne Streicherserenade des nur noch wenig bekannten Komponisten Carl Reinecke sowie Edvard Griegs berühmte Holberg-Suite auf dem Programm.
Tickets sind auf der Homepage des GSO unter www.gso-online.de sowie an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich.
Carl Heinrich Carsten Reinecke war mehr als 35 Jahre lang Gewandhauskapellmeister in Leipzig, also einer der Nachfolger von keinem Geringeren als Felix Mendelssohn Bartholdy; länger als Reinecke hat sich bislang niemand dort behauptet. Als überaus beachtlicher Pianist war er in ganz Europa unterwegs, kannte Schumann und Liszt bestens und unterrichtete beispielsweise Bruch, Grieg, Janáček und Albéniz. Er war mit seinen Klavierwerken in allen Bürgerstuben präsent, sorgte für die Uraufführung von Brahms‘ Violinkonzert und schrieb selbst zahllose Werke für unterschiedlichste Besetzungen. Doch heute kennen höchstens erfahrene Kammermusikfans den Namen des 1824 in Altona Geborenen und 1910 sehr betagt in Leipzig Gestorbenen. Dieses Konzert bietet Gelegenheit, daran etwas zu ändern!
Hätte sich Reinecke wie etwa sein Freund Liszt der Programmmusik der Neudeutschen Schule zugewandt, wer weiß, vielleicht wäre er bekannter geworden. Doch er liebte die Musik von Mendelssohn und Schumann, konnte pathetisch Auftrumpfendes à la Wagner nicht leiden – und orientierte sich beim Komponieren, ohne es zu verheimlichen, an seinen Vorbildern. Ein vergleichsweise prominentes Beispiel dafür ist seine Streicherserenade in g-Moll, ein überraschend vielseitiges, hochromantisches, fein gearbeitetes Werk, dessen Wieder- oder gar Neuentdeckung sich überaus lohnt.
Auch der 1843 im norwegischen Bergen geborene Edvard Grieg schrieb seine berühmte Holberg-Suite 1884 (zunächst für Klavier und 1885 für Streichorchester) »im alten Stil« und orientierte sich an den künstlerischen Ahnen: nämlich an der geistlichen und höfischen Musik aus der Zeit Bachs und Händels. Grieg selbst – übrigens unbestreitbar ein »Minister«, siehe oben – sprach trotz mancher nordisch-romantischer Klänge, die ebenfalls einflossen, von seinem »Perückenstück«. Sein Landsmann Ludvig Holberg, zu dessen 200. Geburtstag Grieg die Suite zu Papier brachte, verfasste seine Werke auf Dänisch, verarbeitete in ihnen Elemente der italienischen Commedia dell'arte und wurde gar »Molière des Nordens« genannt. Halb Europa in einem Werk …
Die fünf Sätze entsprechen barocken Tanzformen und starten mit einem einer Tokkata ähnlichen Präludium in der festlichen Tonart G-Dur. Con brio, also mit Feuer, dann der letzte Satz, der französische Reihen- und Paartanz Rigaudon: Er beinhaltet die vielleicht bekannteste Passage dieser Suite, eine abwärts führende Figur am Ende des zweiten Abschnittes im Fortissimo mit einem synkopierten Innehalten in mittlerer Lage. Doch genug der Fachtermini: Wer das kennt, liebt es. Und wer kennt es nicht!
Der Dirigent des Konzerts ist Bernd Eberhardt, Organist an der Rats- und Marktkirche St. Johannis in Göttingen sowie Leiter der Göttinger Stadtkantorei und des Göttinger Kammerchores. Er erhielt seine musikalische Ausbildung an der Hochschule der Künste in Berlin und am Sweelick Conservatorium in Amsterdam. Seine Lehrer waren unter anderem Rudolf Heinemann und Ewald Kooiman (Orgel), sowie Uwe Gronostay (Dirigieren) und Rainer Becker (Klavier). Vor seiner Berufung nach Göttingen war er Kantor und Organist an der Markuskirche in Stuttgart. Neben seiner ausgeprägten Tätigkeit als Dirigent führen ihn Orgelkonzerte regelmäßig in deutsche Großstädte und ins europäische Ausland. Als Pädagoge gibt er Seminare und unterrichtet an der Georg-August-Universität Göttingen. Immer wieder ist er auch als Kammermusiker am Klavier zu hören.