Nicholas Milton dirigiert Mayer, Rodrigo und Schumann
Das erste Konzert der Saison mit Chefdirigent Nicholas Milton ist zugleich die erste Sonntagsmatinee im Deutschen Theater. Auf dem Programm stehen Werke von Emilie Mayer, Joaquíno Rodrigo und Robert Schumann. Solist des berühmten „Concierto des Arenjuez“ ist das junge Nachwuchsgitarrist Andrezej Grygier. Andrzej Grygier wurde 1998 in Leszno, Polen, geboren. Im Alter von sieben Jahren begann er mit dem Erlernen des Gitarrenspiels. Er konzertierte u.a. beim 10. Russisch-Polnischen Festival "Youth Academy of Music" in Moskau, mit dem Orchester unter der Leitung von I. Gajsin in der Philharmonie Poznań, mit dem Orchester unter der Leitung von W. Bednarek beim Festival der Polnischen Gitarrenakademie, in der Niederschlesischen Philharmonie in Jelenia Góra sowie im Königsschloss und im Königlichen Łazienki-Park in Warschau. Beginn der ersten Sonntagsmatinee im Deutschen Theater am 26. September 2021 ist um 11:00 Uhr. Es gelten die üblichen Corona-Regeln bei Veranstaltungen mit der 3-G-Regel.

Wir feiern eine Göttinger Wiederentdeckung: Die Komponistin Emilie Mayer war zu Lebzeiten höchst erfolgreich. Mayer, 1812 in Friedland (Mecklenburg) geboren, studierte in Stettin bei Carl Loewe und lebte anschließend in Berlin. Kompositorisch pflegte sie bevorzugt die "großen Gattungen", schuf Sinfonien, Ouvertüren, Streichquartette und Sonaten. Die Kritik pries sie als "weiblichen Beethoven", aber diesen Vergleich hat die langsam wieder auf die Programmzettel der Orchester dieser Welt zurückkehrende Komponistin gar nicht nötig. Sie ist ein facettenreiches Genie, das die Musikwelt mit ihrer Musik zu Begeisterungsstürmen hingerissen hat – und es heute auch endlich wieder tut. Ihre musikalische Entwicklung lässt sich anhand ihrer Werke nachvollziehen, von ihren früheren Werken, die einen klassischen Wiener Stil widerspiegeln, bis hin zu späteren Stücken, die starke Einflüsse der Romantik aufweisen. Ihre Sinfonien sind kühn und selbstbewusst und beinhalten in der Regel vielschichtige rhythmische Komplexität und mehrfache Tonartwechsel. Die Dramatik und Leidenschaft in ihrer Musik ist so einnehmend wie alles andere, was in dieser Epoche geschrieben wurde, und sie verdient es, viel häufiger programmiert zu werden. Wir tun das mit ihre Faust-Ouvertüre, die den Klassiker aller Klassiker musikalisch höchst vielschichtig und ungemein feinsinnig in
eine Orchestersprache gießt. Ein wahres Meisterwerk, das die Komponistin in den letzten Jahres Ihres Lebens in Berlin schrieb. Sie starb im selben Jahr wie Richard Wagner, der bekanntermaßen ja ebenfalls eine nicht gerade unbekannte Faust-Ouvertüre hinterließ, 1883 in Berlin.
An diesem Werk kommt kein Gitarrist von Rang und Namen vorbei: Das „Concierto de Aranjuez“ von Joaquín Rodrigo. Allein die Tatsache, dass es grundsätzlich nicht viele Werke im Repertoire für Gitarre und Orchester gibt – und schon gar nicht mit dieser Bekanntheit, macht es schon einzigartig. Die Uraufführung wurde demnach auch vom Komponisten mit Spannung und Aufregung erwartet und verfolgt. Die alles entscheidende Frage schon damals: Würde man das so zarte und leise Instrument im Rahmen eines symphonisch begleiten Konzertes überhaupt hören? Man tat es – und so ist das Werk bis heute das unangefochten meistgespielte Gitarrenkonzert der Musikliteratur, das nicht nur dem spanischsten aller Instrumente ein Denkmal setzt, sondern zugleich die Schönheit und Anmut der prachtvollen, barocken Gärten des Königlichen Palasts von Aranjuez in der gleichnamigen Stadt ca. 50 km südlich von Madrid huldigt. Joaquin Rodrigo liebte es, dort mit seiner Frau Victoria, einer türkischen Pianistin, viel Zeit zu verbringen. Sie hatte einen erheblichen Anteil daran, dass der Komponist überhaupt in der Lage war, Eindrücke der Gartenanlage in musikalische Form zu gießen. Als Kleinkind an Diphtherie erkrankt, war Rodrigo erblindet. Und so war es Victoria, die ihm auf den gemeinsamen Spaziergängen die mit Zypressen bestandenen Alleen, die wunderschönen Pavillons und unzählige weitere pittoreske Entdeckungen am Wegesrand bis ins Detail schilderte – Bilder, die sich gemeinsam mit den vom Komponisten wahrnehmbaren Düften in seinem Kopf zu einzigartig schöner Musik formten. Für den Komponisten bedeutete dieser Prozess Trost und Heilung.
Auch Robert Schumann sollte Heilung durch die Arbeit mit der Musik erfahren. „In mir paukt und trompetet es sehr – ich weiß gar nicht, was daraus werden wird“, schrieb Robert Schumann im September 1845 über die zu jener Zeit sein Leben bestimmenden Depressionen. Aus dieser schweren Situation heraus schuf er ein Werk, das wie keine seiner Symphonien so kontrovers aufgenommen und viel diskutiert wurde: seine Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61. „Durch Mendelssohn verleitet, durch Beethoven geblendet, durch Bach gelähmt“, spottete man zu Schumanns Zeit über diese Symphonie. Ein vernichtendes Urteil, das dazu führte, dass Schumanns Zweite erst nach und nach ins Konzertrepertoire Einzug erhielt, dann aber umso nachdrücklicher. Der Zuhörer durchlebt geradezu den Zustand des Komponisten in der Musik, der zwischen fiebriger Nervosität und fast schon krankhaft ausgeglichener Ruhe schwankt. Robert Schumann selbst erfuhr durch die Arbeit an diesem Werk eine Art Heilung von seiner schweren Depression. „In gewisser Weise bestand seine Aufgabe in dieser seiner größten Sinfonie darin, die beiden Teile seiner Persönlichkeit miteinander zu verschmelzen und mit sich selbst wieder eins zu werden. Dies ist ein faszinierender Prozess“, so der Dirigent Roger Norrington über Schumanns 2. Symphonie – ein Prozess, den wir im heutigen Konzert gemeinsam mit Ihnen durchleben dürfen und der momentan leider wie kaum ein andere in unsere Zeit passt. Möge er uns allen wohltuende Heilung bringen!
Emilie Mayer: Faust-Ouvertüre op. 46
Joaquín Rodrigo: „Concierto de Aranjuez“ für Gitarre und Orchester
Robert Schumann: Symphonie Nr. 2 C-Dur op. 61
Dirigent: Nicholas Milton
Gitarre: Andrzej Grygier
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