RATHAUS SERENADE 3 AM 04.04.22
Aktualisiert: 28. März 2022
»Rathaus Serenade 3«:
Bezaubernde Streichtrios von Kodály und Dvořák
Zoltán Kodály (1882-1967) Serenade op. 12 – für zwei Violinen und Viola
Antonín Dvořák (1841-1904) Terzetto C-Dur op. 74 – für zwei Violinen und Viola
Nazelí Gabriela Arsenyan Violine
Dmitri Feinschmidt Violine
Yair Lantner Viola
Aufregende Trios in der Musik gibt es unzählige. Im Konzert »Rathaus Serenade 3« ist aber nicht etwa übliche Besetzung zu erleben, bei der sich Klavier und Violine zu einem weiteren Instrument gesellen, sondern die ungewöhnlichere mit zwei Violinen und einer Bratsche, gespielt von Nazelí Arsenyan, Dmitri Feinschmidt und Yair Lantner – alle drei sind Mitglieder des Göttinger Symphonieorchesters. Am Montag, 4. April 2022, spielen sie um 20 Uhr im Alten Rathaus Göttingen volkstümliche, heiter-verträumte und äußerst charmante Werke von Zoltán Kodály und Antonín Dvořák.
Tickets sind auf der Homepage des GSO unter www.gso-online.de sowie an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich.
Zoltán Kodály gehört neben Ernst von Dohnányi und Béla Bartók zu den Komponisten, die das im 20. Jahrhundert reiche ungarische Musikleben entscheidend prägten. 1882 als Sohn eines Bahnhofsvorstehers und einer Musikliebhaberin geboren, kam er früh mit europäischer Kammermusik in Kontakt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs entstand seine Serenade für Streichertrio, ein Werk, das sich deutlich abgrenzt von den modernen Kompositionsformen, die im übrigen Europa während seiner Entstehungszeit gang und gäbe waren. Allerdings wählte Kodály eine andere Form der Rückwärtsgewandtheit als beispielsweise Igor Strawinsky, der unmittelbar zuvor, gegen Ende des Ersten Weltkriegs, seine bekannte »Symphonie classique« mit heiteren Erinnerungen an Haydn, Mozart und Tschaikowsky präsentiert hatte: Kodály ging in dieser Serenade insofern klassizistische Wege, als dass er Mozart und Beethoven mit der Volksmusik versöhnte. Für Experimente oder gar Zwölftonmusik hatte er nichts übrig. (Seine Traditionsverbundenheit gab er auch an seine Schüler weiter, weshalb sich die Musikgeschichte Ungarns im 20. Jahrhundert weniger offen zeigt als die anderer Nationen.)
Viele Bestandteile lauschte er – ähnlich dem kaum älteren Béla Bartók – der Volksmusik seiner Heimat ab, entsprechend prominent sind einerseits Rhythmus und andererseits Melodie: Während sich meist zwei Instrumente aufs rhythmisch deutlich akzentuierte Begleiten beschränken, darf das dritte die volkstümlichen Melodien formen. Diese Aufteilung wechselt allerdings mitunter schnell – ein Zeichen dafür, dass wir es eben doch mit überaus klug gestalteter Kunstmusik und nicht mit reiner Volksmusik-Adaption zu tun haben.
Antonín Dvořáks Terzetto aus den späten 1880er-Jahren zeigt, was mit dieser nicht allzu oft gehörten Besetzung sonst noch möglich ist. Denn die drei hohen Streichinstrumente ohne Bassfundament, die sich so leicht in kleinen Handköfferchen transportieren lassen, rufen ja geradezu nach einem spontanen Einsatz im halböffentlichen Raum: im großelterlichen Wohnzimmer, im Caféhaus, auf einer Frühlingswiese. »Ich schreibe jetzt kleine Bagatellen, denken Sie, nur für zwei Violinen und Viola. Die Arbeit freut mich ebenso sehr, als wenn ich eine große Sinfonie schriebe«, teilte Dvořák seinem Verleger mit, als er 1887 begann, gleich mehrere Stücke für zwei Violinen plus Viola zu Papier zu bringen. »Sie sind freilich mehr für Dilettanten gedacht, aber haben Beethoven und Schumann auch nicht einmal mit ganz kleinen Mitteln geschrieben. Und wie?«
Es ist schon bemerkenswert, was dem böhmischen Meister – bereits als hochgerühmter Mann, aber noch vor seiner Zeit in der Neuen Welt – hier gelingt. Mit sparsamen instrumentalen Mitteln schafft er einen musikalischen Kosmos, der dem seiner großen Symphonien oft ähnlich ist. Zugleich jedoch bleibt er stets zugänglich, heiter, ja: Caféhaus-charmant. Es scheint Nostalgie zu sein, die daraus spricht. Denn wie Dvořák selbst betonte, entstammte er selbst keinen heiteren Verhältnissen. »In diese Orte pflegte ich mit meinem Vater Rinder kaufen zu gehen, und wenn mir der Vater so ein Tier anvertraute, das mir in seinem Übermut davonlief oder mich ohne weiteres in den Teich schleifte, war ich nicht zu beneiden«, soll er im Alter über seine Heimat berichtet haben. »Aber all diese Leiden meines jungen Lebens versüßte mir die Musik, mein Schutzengel.« Und vielleicht sind es die erlösenden Erinnerungen an seine frühe Arbeit in einer Tanzkapelle, die die Basis für dieses Terzetto bildeten.
