SONNTAGSMATINEE 4: YOUNGSTARS
Als die Kontrabassistin Antonia Hadulla 2018 den erstmals ausgetragenen Anton Rubinstein Wettbewerb für Kontrabass gewann, war sie gerade 15 Jahre alt und spielte das mit Abstand größte aller Streichinstrumente bereits seit nahezu zehn Jahren. Nun ist die Ausnahmemusikerin in der Youngstar-Reihe des Göttinger Symphonieorchesters zu erleben: Am 20. Februar 2022 um 11:00 Uhr spielt sie bei der »Sonntags-Matinee 4« in der Lokhalle Göttingen Nino Rotas »Divertimento concertante« – eines der wenigen Werke für Solo-Kontrabass und Orchester. Außerdem auf dem Programm: Drei meisterhafte Ouvertüren von Gioacchino Rossini (neu im Programm), Franz Schubert und Peter I. Tschaikowski (ebenfalls neu im Programm). Das Konzert wird geleitet von GSO-Chefdirigent Nicholas Milton und findet in Kooperation mit der Stiftung »Jugend musiziert Niedersachsen« sowie mit großzügiger Unterstützung der AKB Stiftung Einbeck statt.
Tickets sind auf der Homepage des GSO unter www.gso-online.de sowie an allen bekannten VVK-Stellen erhältlich.
Diebe in der Musik, das ist ein mehr als abendfüllendes Thema. Wie oft werden in Opern Herzen gestohlen, in Symphonien Motive geklaut und in Solokonzerten Gesten der Konkurrenz entwendet! Im Jahre 1817 schuf Gioacchino Rossini mit »La gazza ladra« (Die diebische Elster) eine Oper, die so mancher Komponistenkollege gern komplett geklaut hätte. Solch beständige Ohrwürmer entstehen aber nur mit viel Glück und Können, und Rossini besaß beides. An tänzerischer Frische und manchem musikalischen Augenzwinkern hat die Ouvertüre bis heute rein gar nichts eingebüßt.
Franz Schubert ist gewiss nicht als Dieb in die Musikgeschichte eingegangen. Doch dieses Nachmachen soll ihm erstmal jemand nachmachen: Einst besuchte der Zwanzigjährige mit Freunden die Aufführung einer anderen Rossini-Oper, nämlich »Trancredi«. Die Freunde waren von dieser Ouvertüre begeistert, so die Legende, doch Schubert betonte, er könne solche Musik in kürzester Zeit selbst schreiben. Top, die Wette galt: Sollte ihm dies gelingen, war ihm ein gutes Glas Wein sicher. Und so komponierte Schubert 1817 flugs die erste von zwei »Ouvertüren im italienischen Stil«, welche das damals so populäre Genre der italienischen Oper tatsächlich perfekt imitierten und sich schnell einiger Beliebtheit beim Publikum erfreuten – nicht nur in den Konzerthäusern, sondern auch in den Bürgerstuben, denn schon bald bearbeitete Schubert diese beiden Ouvertüren für vierhändiges Klavier. Das Glas Wein hatte er sich längst verdient.
Freunde des größten, tiefsten und in manchen Ohren klangvollsten aller Streichinstrumente haben es schwer. Nicht nur im Wortsinn – wer einmal versucht hat, einen Kontrabass auf die Konzertbühne zu wuchten (geschweige denn, von der Bühne herunter zu stehlen), weiß wovon die Rede ist. Sondern auch bei der Literaturauswahl. Denn während die Schülerinnen und Schüler anderer Streichinstrumente, ja, sogar der Bratsche, schnell Werke in allen Schwierigkeitsstufen finden, müssen die Bassistinnen und Bassisten lange suchen – sofern sie sich nicht nur aufs grundierende Streichen und Zupfen im Orchester beschränken wollen. Das 1973 entstandene »Divertimento concertante« des hierzulande in erster Linie dank seiner Filmmusiken für Federico Fellini und Luchino Visconti bekannten italienischen Komponisten Nino Rota ist allerdings ein echtes Solokonzert für Kontrabass und Orchester. Und das Ergebnis ist erstaunlich: Mitunter meint man, ein Cellokonzert vom Beginn des 20. Jahrhunderts zu hören, wird dann aber durch tiefe Lagen von der Illusion befreit.
Peter I. Tschaikowsky begann mit Ende Zwanzig gerade erst, im größeren Stil auf sich aufmerksam zu machen, als er 1870 seine Fantasie-Ouvertüre »Romeo und Julia« vorlegte. Natürlich hatte auch er es nicht nötig, bei Kollegen zu stibitzen. Shakespeares wohl bekannteste Tragödie bot bereits mehrfach die literarische Basis für musikalische Adaptionen, erst drei Jahre zuvor hatte Charles Gounod seine Opernversion präsentiert. Tschaikowsky formte aus dem Stoff aber eine ganz eigene Ouvertüre; seine späteren Symphonien sind hier bereits angedeutet. Heute kann es kein Dieb der Welt von den Konzertprogrammen zwischen Los Angeles und Tokio stehlen.
Gioacchino Rossini (1792-1868): Ouvertüre aus der Oper »La gazza ladra« (Die diebische Elster)
Franz Schubert (1797-1828): Ouvertüre im italienischen Stil D-Dur D 590
Nino Rota (1911-1979): Divertimento concertante für Kontrabass und Orchester
Peter I. Tschaikowski (1840-1893): »Romeo und Julia« – Fantasie-Ouvertüre nach Shakespeare
Nicholas Milton Dirigent
Antonia Hadulla Kontrabass
Göttinger Symphonieorchester
